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Stickstoff im Reifen – sinnvoll oder nicht?

Vielleicht haben Sie auch schon von dem vielversprechenden Angebot gehört, mit dem so mancher Reifenhändler aktuell seine Kundschaft lockt: Stickstoff – in Form eines sogenannten Reifengases – statt normaler Luft im Reifen soll den Druckverlust minimieren, Verschleiß und Spritverbrauch reduzieren, das Abrollgeräusch verringern und dadurch den Fahrkomfort spürbar erhöhen. Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Continental gehen wir in diesem Beitrag der Frage nach, ob das „Wundergas“ Stickstoff im Reifen hält, was es verspricht – oder die Reifenverkäufer nur ein lukratives Geschäft wittern.

Reifengas: Welche Vorteile gibt es wirklich?

Fakt ist: Stickstoff setzt sich aufgrund seiner chemischen Eigenschaften aus größeren Molekülen zusammen als Sauerstoff. Dies führt zu einem schlechteren Diffusionskoeffizienten, was bedeutet, dass der Stickstoff langsamer aus den Autoreifen entweicht als normale Luft. Regelmäßige Tests zeigen allerdings, dass der Unterschied zwischen beiden Füllvarianten auch nach rund dreimonatiger Testphase bei wenigen Hundertsteln bar Reifendruck liegt. Auch ein vermindertes Rollgeräusch konnte zu keiner Zeit nachgewiesen werden.

Dieses Ergebnis kommt nicht sonderlich überraschend, denn: Das spezielle Reifengas weist einen Stickstoffgehalt von rund 90 % auf, Luft – also auch jene Druckluft, die Sie an der Tankstelle in Ihre Pneus füllen – besteht zu rund 80 % aus Stickstoff. Ein vergleichsweise geringer Unterschied für einen stolzen Preis, zahlen Sie doch für die Stickstoff-Füllung Ihrer vier Reifen um die 12 Euro. Hinzu kommt, dass das Reifengas bei einer Beschädigung des Reifens genau so schnell entweicht wie normale Luft.

Stickstoff im Reifen verringert die Brandgefahr

Ein weiterer Vorteil, den die Reifenhändler anführen, ist die geringere Brandgefahr bei Reifen, die mit Stickstoff gefüllt sind. Da dieser nicht entzündlich ist und Sauerstoff hingegen als Brandbeschleuniger gilt, wirkt dieses Argument zu erst einmal schlüssig. Aus diesem Grund sind auch die Reifen von Flugzeugen, Formel 1-Wagen oder Gefahrguttransportern mit Stickstoff gefüllt.

Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich jedoch auch dieses Argument als nichtig. Die Pneus von Flugzeugen und Rennwagen sind extremen Bedingungen ausgesetzt, die mit der Belastung von Pkw-Reifen nicht einmal im Ansatz vergleichbar ist. Im Straßenverkehr sind Autoreifen niemals solch hohen Temperaturen ausgesetzt, wie sie etwa bei der Landung von Flugzeugen oder der schnellen Kurvenfahrt im Formel 1-Auto herrschen.

Ein zu geringer Luftdruck sorgt für Probleme

Das Reifengas bietet also nicht nur keinerlei nachweisbare Vorteile, ganz im Gegenteil: Experten befürchten, dass Autofahrer durch den „langlebigen“ Stickstoff im Reifen die regelmäßige Kontrolle des Reifendrucks vernachlässigen und somit über längere Zeit mit falsch eingestelltem Druck unterwegs sind. Dies kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Zur Erinnerung: Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Sie alle zwei bis drei Wochen den Reifendruck überprüfen. Neuere Autos haben oftmals ein Reifendruck-Kontrollsystem an Bord, seit November 2014 ist dieses bei neuzugelassenen Fahrzeugen sogar Pflicht – dennoch schadet der kurze Check beim nächsten Tankstellenbesuch in keinem Fall.

Ein zu niedriger Reifendruck hat zum einen negative Auswirkungen auf die Fahrsicherheit. Der Bremsweg verlängert sich, die Fahrstabilität nimmt besonders in Kurven ab, der Reifen kann ins Walken geraten und sich so erhitzen – im schlimmsten Fall droht ein Reifenplatzer während der Fahrt. Zum anderen macht sich ein zu geringer Reifendruck auf Dauer in Ihrem Portemonnaie bemerkbar. Bereits 0,5 bar zu wenig können auf 100 Kilometern einen Mehrverbrauch von einem Liter bedeuten, zudem verringert sich aufgrund der unsachgemäßen Nutzung die Lebensdauer Ihrer Reifen.

Reifengas oder Luft: Bleiben Sie beim Altbewährten

Fest steht: Der teure Stickstoff im Reifen bietet Ihnen keine nennenswerten Vorteile gegenüber der kostenlosen Druckluft, die Sie an nahezu jeder Tankstelle in Ihre Autoreifen füllen können. Lassen Sie sich von den vermeintlich reizvollen Angeboten der vielen Reifenhändler nicht locken und setzen Sie auf altbewährtes – inklusive der regelmäßigen Reifendruck-Kontrollen.

Wir wünschen Ihnen allzeit eine gute und sichere Fahrt!